Jeder hat wahrscheinlich eine Sache, die er eigentlich hasst, aber dennoch nicht davon loskommt, suchtet, aufsaugt… Handy, Rauchen, Instagram, Influencer, Süßigkeiten, Trash TV, Sprachnachrichten … Die Liste könnte wohl ins Unendliche fortgesetzt werden. Irgendwie, irgendwo kommt man nicht von diesen Dingen los, obwohl man sie eigentlich gar nicht so sehr mag oder sagen wir, nicht gerne mögen würde.
Der Duden übersetzt diesen Begriff mit „starke Gefühlsbindung, die aufgrund von Disharmonie oder Nichtübereinstimmung zwischen Hass und Liebe wechselt“. Im ursprünglichen Sinne beschreibt dieses Wort die Beziehung zwischen zwei Personen. Die Hassliebe, um die es hier allerdings geht, dreht sich vielmehr um Dinge, um Personen, die wir nicht direkt kennen - und um Situationen.
Dennoch: Das Gefühl zwischen hassen und lieben passt perfekt. Aber wie kann es überhaupt soweit kommen, dass wir diese Dinge „lieben“?
Nehmen wir das Handy. Ich persönlich hasse es, ständig erreichbar zu sein, immer wieder und total unterbewusst das Handy zu zücken, draufzuschauen, Instagram zu öffnen, Mails zu aktualisieren … Und dabei irgendwie abwesend zu sein. Völlig unnötigerweise Zeit damit zu verbringen, obwohl man gerade was anderes oder einfach mal gar nichts tun könnte.
Beim Handy ist die Hassliebe ja noch nachvollziehbar. Es verbringt mehr Zeit mit uns, als alles andere. Ist immer ganz nah bei uns, mit genügend Strom umsorgt, vor Wind und Wetter geschützt und es wird in regelmäßigen Abständen aus dem Schlaf gerufen und mit unserer Aufmerksamkeit bespaßt. Dem geht’s gut, aber es hat ja auch jede Menge zu tun…. Fotografieren, Schritte zählen, Passwörter merken, Nachrichten senden und empfangen, Termine, Kontakte, Fotos, Dokumente, Tickets speichern, soziale Kontakte pflegen … Klar, dass wir davon schon fast abhängig sind. Und wer kennt nicht das Gefühl, wenn man für kurze Zeit denkt - Handy weg! Hilfeeee!
Aber nehmen wir das Beispiel Trash TV. Eine Hassliebe aus dem Buche. Wer kennt das nicht, eigentlich ist das, was da läuft total absurd, irgendwie dumm und eigentlich sollte man es nicht unterstützen… Aber irgendwas bringt uns dazu doch hinzugucken und nicht wegschalten zu können. Das ist wie Chips essen. Einmal angefangen ist es SOOO schwer wieder aufzuhören. Ok, sind wir ehrlich… es ist manchmal einfach witzig.
Obwohl es auch dabei Unterschiede gibt. Ich persönlich befolge die Regel: Schaue nur solche Trash TV Formate, in denen die Protagonisten wissen, dass sie Teil einer Bespaßungsmaschinerie sind und ganz bewusst Bock auf Kamera, “fame” und co. haben. Das perfekte Beispiel hierfür - Bachelor in all seinen Formen und Farben. Hier liegen Fremdschäm- und Absurditätsfaktor bei 100%, aber es ist einfach so witzig anzuschauen und am nächsten Tag im Büro darüber zu quatschen. Allein die Sätze und Sprüche, die die Kandidaten von sich geben, lassen nur Kopfschütteln und Lachanfälle übrig.
Mein persönliches Lieblingszitat aus der letzten Folge Bachelor in Paradise (nach kurzer Recherche): „Bro Andi, der ist ein Fisch im Wasser. Der hat im pazifischen Ozean ein Praktikum gemacht.“
Zwei Hasslieben - zwei Enden:
So verrückt und kontrollmäßig sich zwar Funktionen wie Bildschirmzeit, Nachtmodus und co. anfühlen, so schockierend und augenöffnend sind sie ja irgendwie. Mittlerweile versuche ich das Handy mit dem Ankommen in der Wohnung schon wegzulegen und später eintrudelnde Nachrichten (okay, sagen wir die meisten - wichtige Nachrichten beantworte ich schon) erst am nächsten Tag zu beantworten. Und mein Nachtmodus startet schon um 8, das Handy soll ja schließlich auch genügend Ruhe bekommen. Hier habe ich das Gefühl die Hassliebe unter Kontrolle zu haben.
Aber wie ist das bei Trash TV? Ich glaube ein Teil in mir braucht das weiterhin. Es ist einfach zu witzig und die Nachberichterstattungen und Gespräche darüber im Büro zu unterhaltsam, als dass man einfach damit aufhören könnte. Eigentlich hasse ich mich dafür … aber naja immerhin ich bin nicht alleine :-D.
Und vielleicht tut ein bisschen Hassliebe ja auch gut. Irgendwie zeigt sie einem doch auf anschauliche Weise, dass wir die Dinge, die wir eigentlich nicht mögen und dennoch nicht davon loskommen, irgendwo hinterfragen sollten.
Unser Wertesystem wird quasi auf die Probe gestellt und fordert uns auf, wenigstens ein bisschen schlechtes Gewissen/Gefühl zu haben.