Die Lieferando-Frau / Socke – Punk vor Wohnung / Empfangende:r hängt in einer Telco
Orange. Zuerst bemerkte Socke nur dieses Orange, das ihm ins Auge fiel, dessen Licht es geschafft hatte, seine Sonnenbrille seitlich zu umfließen, und das so gar nicht zu diesem grauen Dezembertag passte. In seinen Ohren diskutierten Zecke, Chili und Marx noch immer Žižeks und wie “Denke frei, aber gehorche!” mit Punk zusammenging. Außerdem war noch immer nicht entschieden, wo man heute Nacht am wärmsten kaltes Bier zischen konnte. Sockes Gedanken schweiften ab. Er ärgerte sich, dass er seinen Kumpels Telefone und 200 GB-Tarife geschenkt hatte. Telefonkonferenz! So weit waren sie schon gesunken. Beschissene Business Punks waren sie und irgendwie war es seine Schuld. Er zog einen Stöpsel aus dem Ohr und hörte die Stimme einer Frau. Offenbar stritt sie sich über die Türsprechanlage mit einer blechernen Stimme. Sie war das Orange. Eine junge Frau, mit Lieferando-Schneckenhaus auf dem Rücken und eBike. “Hey, das ist mein Bibimbap?” – “Was?” – “Das is’ mein Bibimbap!” – “Ja, aber...!” – “Das is für mich!” – “Für dich?” –“Hast Du’n Problem?” – “Nein, ich meine...!? Du hast mit Bitcoin bezahlt!?” – “Bekomm’ ich jetzt mein Bibimbap?” – “Achsoja, also hier..., guten Appetit!” – “Hier, für dich!” – “Oh, danke und... und frohe Weihnachten!” – “Was?” – “Frohe Weihnachten!” – “Sorry, bin in’ner Telco...” Socke hatte nicht den Eindruck, dass er viel verpasst hatte: Zecke, Chili und Marx waren sich immer noch nicht einig. Weder über Žižeks noch übers Saufen. Er zog die Aluminiumfolie von der Styropor-Schachtel mit seinem Essen und blickte noch einmal über den Rand seiner Sonnenbrille. Am Ende der Straße das Lampen-Gelöt. Und der orangene Quader, der gerade rechts um die Ecke verschwand.