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Komplexität ist die bequeme Blähung im Konfi

Neulich schickte Sascha mit dem Kommentar „Das wird dir aber gefallen, haha“ mal wieder einen Artikel. Überschrift: „Beten wir Komplexität an?“. Klar gefällt mir das, weil is ja so. Schön, dass das mal wieder jemand aufschreibt.

Autor

Arne Hollmann

(tl;dr: Wir neigen dazu, einfachen Aufgaben und Projekten unnötige Komplexität anzudichten, indem wir mehr Menschen hinzuziehen als notwendig. Dadurch teilen wir Verantwortung und verzögern den Projektstart. Sinnvoller wäre oft, mehr über die eigentlich Herausforderung herauszufinden. Zum Beispiel durch nachfragen.)

Um es mal so zu sagen: Ich bin der größte Fan meines Berufs. Kreativdirektor. Leuchtende Augen hier. Kreativität in eine Richtung lenken. Geil. Besonders, weil das nix mit Zahlen zu tun hat. Zahlen sind scheiße. Meine Meinung. Ich habe diesen Beruf ja gewählt, weil ich da nicht zählen muss. Oder rechnen. Oder Excel. Oder so. Umso erschreckender, dass ich mich seit Jahren immer wieder dabei ertappe, Tagessätze umzurechnen und Teilnehmer in Meetings nach einer Stunde damit zu nerven, wie viel Kohle wir grad zum Fenster rausgeschmissen haben. Ich. So viel zum Zustand dieser Welt.
Sascha weiß das. Der lacht dann immer. Und schickt mir wieder so Artikel. Nun handelte es sich auch diesmal natürlich um so’n Heise-Developer-Text, wo nur die Hälfte drin steht, und die ist dann Tekkie-Kram. Dabei steckt doch viel mehr im Thema. Summarum geht es um zwei Gesetze: das von Conway und das Parkinsonsche. Conways Gesetz sagt im Kern: Systeme sind immer ein kommunikatives Abbild der Teamstruktur, in der sie entwickelt werden. Ab einer gewissen Anzahl beteiligter Parteien bricht die Kommunikation zusammen, was wiederum zu chaotischer (Software-)Architektur und zusätzlicher Komplexität führt. Das Parkinsonsche sagt, „dass eine Aufgabe die zur Verfügung stehende Zeit aller Mitarbeiter vollständig ausfüllt“. Anders formuliert: Arbeit diffundiert. Wie Gestank also. Wenn einer in den Konfi bläht, breitet sich der Furz so lange im Raum aus, bis er quasi jeden erreicht hat. Da kann nicht der Erstbeste neben dem Furzer selbstlos alles aufsaugen und die anderen sind entlastet, da müssen alle mit.

Stell dir vor, du bestellst beim Bäcker einen Kaffee. Und anstatt dir die üblichen Rückfragen zu stellen, geht die Bedienung in die Backstube und diskutiert mit fünf Kollegen, was du damit wohl meinen könntest. Der Prozess wird unnötig komplex (Wie dieser Artikel. Aber der macht ja auch Spaß, das ist was anderes.). Denn zu einfachen Aufgaben kann auch jeder Bedenken haben. Ein großer Pott schwarzer Filterkaffee ist hier quasi undenkbar.

Aber ich schweife ab, wo waren wir: Conway und Parkinson. Zu viele Teams sind Mist, weil sie mistig kommunizieren und unnötige Komplexität produzieren, in großen Teams verteilt sich Arbeit automatisch auf alle verfügbaren Arbeitskräfte, wird dann aber auch nicht schneller erledigt und furzen betrifft uns alle. Trotzdem neigen wir wohl auch alle dazu, die vermeintlich „große“ Aufgabe so lange mit Fachleuten zu beschmeißen, bis sie sich irgendwie machbar anfühlt. Und damit komme ich wieder zu meiner semi-professionellen Lieblingsbeschäftigung mit dem Rechnen in Meetings. Denn ich habe Thesen. Fünf, um genau zu sein. Und die gehen so:

1. Du ergänzt dein Unverständnis mit mehr Unverständnis
Wenn wir eine Aufgabenstellung nicht binnen Sekunden durchdringen können, stellen wir direkt einen Termin mit fünf weiteren Personen ein, um die Aufgabenstellung gemeinsam nicht durchdringen zu können. Das gibt uns das angenehme Gefühl, nicht völlig bescheuert zu sein. Die fünf weiteren Personen fügen dem eigenen Unverständnis noch weitere Unverständnis-Perspektiven hinzu. Im Verlauf des Termins dominieren Wort-Kombinationen wie „Es könnte sein“ oder „Ich könnte mir vorstellen“ gepaart mit „Naja, aber“, „Vielleicht“ und „Man müsste ja jetzt eigentlich“. Am Ende des Termins erhält dann jeder Teilnehmer den Auftrag, seine Bedenken niederzuschreiben, die dann „im Nachgang“ zu einem gesammelten Kanon des Unverständnis verarbeitet werden. Meistens als PowerPoint-Präsentation, was ja ein komplettes Unverständnis-Universum in sich ist.

2. Du ersetzt dein Verständnis gern durch das Unverständnis anderer
Wenn wir eine Aufgabenstellung binnen weniger Sekunden durchdringen, werden wir sofort misstrauisch. Darum stellen wir direkt einen Termin mit fünf weiteren Personen ein. In einer Runde dieser Größe ist mit Sicherheit jemand dabei, der irgendwo ein oder zwei Bedenken äußert. Nach Parkinson sind diese Runden übrigens die gefährlichsten, da zu einfachen Problemen jeder Depp eine Meinung hat. Er versteht das Problem ja, also kann er auch was dazu sagen. Egal was. Nach einigen vorprogrammierten Runden „Es könnte sein“ und „Ich könnte mir vorstellen“ haben wir in der Regel ausreichend Unverständnis identifiziert um uns angenehm verwirrt in den vertrauten Normalprozess zurückzuziehen und den Tag nachhaltig zu verfluchen.

3. Wenn dir alles klar ist, sorgt jemand anders für Unklarheit
Wenn wir eine Aufgabenstellung binnen weniger Sekunden durchdringen und ausnahmsweise einfach eine Person damit beauftragen, den Job zu erledigen, geben wir die Aufgabe im O-Ton weiter (sie ist ja einfach). Die Wahrscheinlichkeit, dass die beauftragte Person die Aufgabenstellung ebenso schnell durchdringt, geht allerdings gegen Null. Und wir bekommen folgerichtig eine Einladung zum Meeting mit fünf weiteren Leuten.

4. Schnelle Lösungen sind voll anspruchslos
Wie stehen wir wohl da, wenn jedes Problem mal eben so gelöst werden kann? Dumm. Ist ja anscheinend nicht sonderlich anspruchsvoll, der Job. Da eliminieren wir ja direkt unsere Daseinsberechtigung. Also? Erstmal fünf Leute einladen und so lange drüber reden, bis das Problem so in etwa übern Daumen ungefähr unlösbar ist. Dann bleibt ausreichend Raum für einen ordentlichen Projektverlauf mit Meilensteinen, Schulterblicken, Eskalationen, Change Requests, Jira, Confluence, HipChat und allem. Das volle Programm.
Unterm Strich – es wird also immer jemand Leute in einen Raum setzen und furzen. Wir sind uns wohl einig, dass das ja wohl keine Art ist. Aber Komplexität ist tatsächlich eine gute Entschuldigung, die eigene Komfort-Zone nicht zu verlassen. Weil es ja eh keinen Sinn hat. Aber... echt jetzt? Dazu vielleicht These Nummer 5:

5. Wir trauen uns nicht, die richtigen Fragen zu stellen
Wir ziehen oft gar nicht in Erwägung, das naheliegende zu tun: fragen, zuhören, nachhaken und in eigenen Worten zusammenfassen. Jedes Kind kann das besser als wir (vgl. Sesamstraße: Wer nicht fragt bleibt dumm). Erstaunlich selten nehmen wir den Hörer in die Hand, rufen den Auftraggeber an und bitten ihn freundlich aber bestimmt, sich bitte ausnahmsweise deutlich auszudrücken. Noch seltener unterstützen wir ihn bei dieser (für ihn vermutlich ebenso schwierigen) Aufgabe, indem wir einfache Fragen stellen. Dabei sind die fast immer gleich: Was ist eigentlich genau das Problem? Ist das echt ein Problem, wenn ich das mal andersrum formuliere? Aha, da steckt also noch was anderes hinter? Du hast ja schon eine Lösung im Kopf, bist du mit der verheiratet oder können wir das auch einfach richtig machen? Was muss passiert sein, damit wir das Problem als gelöst ansehen und den Schampus köpfen können? Wie viele Chefs und Chef-Chefs musst du davon überzeugen, dass das Problem tatsächlich weg ist? Wer ist der Endgegner? Wie viele Level hat das Spiel? Wann brauchst du das alles? Wie viel Kohle hast du dafür eingeplant? Bist du eigentlich von allen guten Geistern verlassen?

Erzählt mir nix. In eurem Job stellt ihr über kurz oder lang immer die gleichen Fragen. Und das sind übrigens in Kommunikationsprojekten sehr ähnliche wie in Kaffeeprojekten. Content, Umfang, Kontext, Tonalität und Ausgestaltung sollten dich schon in die Lage versetzen, ein grobes Zielbild aufs Reißbrett zu skizzieren. Darum können sogar künstlerisch anspruchsvolle Barista mit Herzchen im Sandelholzmilchschaum zügig und eigenständig einen KVA erstellen.

Allein die Fähigkeit, auf Antworten zu diesen Fragen zu bestehen, ist ja wohl Daseinsberechtigung genug. Das darf man sich schon mal trauen, bevor fünf weitere Leute zur Gruppenaufblähung konsultiert werden. Nun könnte man sagen, dass fünf weitere Leute aber noch viel mehr clevere Fragen stellen können. Keine Sorge, das wird sowieso passieren. Die Frage ist ja, wann. Und man sollte auch nicht vergessen, was der Auftraggeber nach Erhalt der wiederum nun eigenen Aufgabe tun wird: einen Termin mit fünf weiteren Leuten einstellen. Merkt ihr selbst.
Nun geht es hier nicht darum, jeder Aufgabe pauschal ihre gegebene Komplexität und Herausforderung abzusprechen. Es geht darum, unnötige und weitere Komplexität zu vermeiden. Denn Komplexität entsteht vor allem dann, wenn sie als solche bezeichnet wird. Wenn es sich plötzlich anfühlt, als müsse man Verantwortung für etwas tragen, das man eventuell nicht verstanden hat. Erste Hilfe kann die „Direktion“ eines "Direktors" für Teams leisten. Aber auch jeder für sich selbst. Tipp des Tages daher: Entzaubert alles, was euch über den Weg läuft, auf unemotionale Fakten und zerfragt jede Herausforderung in ihre Einzelteile. Was nachvollziehbar ist, macht weniger Angst. Hat Mutti schon gesagt. Und Sascha. Immer mit Sascha reden. Und Finger weg von Excel.

Relaunch of old stuff: Upcycling

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